Glyphosat: Schon kleinste Mengen schädigen marine Einzeller massiv

03.07.2024

In einer Studie testeten Paläontolog*innen der Universität Wien und der polnischen Academy of Science den Einfluss von Pestiziden auf die Stoffwechselaktivität von Foraminiferen. Dabei zeigte sich, dass schon kleinste Mengen zu irreparablen Schäden an den Einzellern führen. Als besonders schädlich stellte sich ein Herbizid mit dem Wirkstoff Glyphosat heraus. Die Studie wurde im Journal Marine Pollution Bulletin veröffentlicht.

Foraminiferen - einzellige Organismen, die meist im Meer zu finden sind - reagieren sehr schnell auf Umweltveränderungen und sind daher gute Bioindikatoren. Welchen Einfluss Pestizide auf diese Organismen haben, wurde nun in einer Studie untersucht. Die Ergebnisse wurden im internationalen Journal Marine Pollution Bulletin veröffentlicht.

„Gerade in der heutigen Zeit rückt das Thema der verschmutzten Meere immer mehr in den Fokus: Schadstoffe wie Schwermetalle, Mikroplastik oder andere organische Komponenten finden in immer höheren Konzentrationen ihren Weg ins Meer und finden sich dort sogar in der Tiefsee“, erklärt Erstautor Michael Lintner.

Frühere Studien zeigten, dass Foraminiferen besonders auf die Präsenz von Schwermetallen im Meerwasser oder im Sediment reagieren und stark verunreinigte Regionen eine signifikant geringere Diversität dieser Organismen aufweisen. „So konnten wir beispielsweise bereit 2023 zeigen, dass nicht nur anorganische Schadstoffe den Foraminiferen schaden, sondern auch organische Inhaltsstoffe, wie sie beispielsweise in Sonnencremes enthalten sind“, erklärt Lintner.

  • Info: Foraminiferen sind einzellige Organismen (Protisten) die überwiegend im marinen Milieu anzutreffen sind. Neueste Studien zeigten, dass Foraminiferen jedoch auch in limnischen und terrestrischen Ökosystemen vorkommen. Durch ihr teils massenhaften Auftreten leisten sie einen wichtigen Beitrag in der Umsetzung von organischer Materie und den Transport von Energie zu höheren trophischen Niveaus. In Korallenriffen tragen Foraminiferen wesentlich zur Sedimentbildung bei. Ihre Kalkschale trägt auch nach dem Absterben des Organismus zur Stabilisierung der Riffe bei, wo sie unter anderem Korallen vor zu niedrigen pH Werten (acidification) schützt.

In einer aktuellen Studie gefördert vom National Science Centre in Polen (Projectnummer: 2023/48/C/ST10/00045) konnte durch Zusammenarbeit der Universität Wien (Petra Heinz - Institut für Paläontologie und Michael Schagerl - Department für Funktionelle und Evolutionäre Ökologie) mit dem ING PAN (Institute of Geological Sciences of the Polish Academy of Sciences) der Einfluss von verschiedenen Pestiziden auf Foraminiferen untersucht werden.

Ergebnisse teilweise alarmierend

Das Forschungsteam testete ein Herbizid (Roundup©), ein Insektizid (Confidor©) und ein Fungizid (Pronto©Plus) in verschiedenen Konzentrationen und untersuchte deren Einfluss auf die Stoffwechsekaktivität der Foraminiferen. Die Ergebnisse waren teilweise alarmierend: „Schon die geringsten Konzentrationen von Herbiziden oder Fungiziden - wir sprechen dabei von Konzentrationen von 0,0001%, die durchaus in heutigen Korallenriffen anzufinden sind - führten zu irreparablen Schäden an den Foraminiferen“, sagt Petra Heinz vom Institut für Paläontologie. Besonders negativ war der Einfluss von dem Herbizid Roundup©, das den Wirkstoff Glyphosat beinhaltet: „Bereits nach einem Tag waren die Foraminiferen so geschädigt, dass keine metabolische Aktivität mehr zu verzeichnen war“, erklärt Lintner. Hingegen wirkte sich das Insektizid nur vergleichsweise geringfügig negativ auf die Foraminiferen aus.

Aufgrund von klimatischen Veränderungen entlang der Küstengebiete kommt es häufiger zu Unwettern, die zusammen mit einem erhöhten Einsatz von Pestiziden durch intensive Landwirtschaft zu einem erheblichen Anstieg der Pestizidkonzentrationen im Meer führen können. Der hier beschriebene Einfluss von Pestiziden auf Foraminiferen kann ebenso in anderen marinen Organismen wie Korallen beobachtet werden. „Diese Einleitung von Pestiziden ins Meer kann also selbst bei geringen Konzentrationen schwerwiegende Folgen haben und stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit der Meeresriffe dar“, betont Lintner.

Publikation

Michael Lintner, Michael Schagerl, Bianca Lintner, Wolfgang Wanek, Jan Goleń, Jarosław Tyszka, Petra Heinz: Impact of pesticides on marine coral reef foraminifera. In: Marine Pollution Bulletin, April 2024. DOI: 10.1016/j.marpolbul.2024.116237

Heterostegina depressa C_Petra Heinz

Eine aktuelle Studie zeigt den Einfluss von Pestiziden auf Foraminiferen. Foto: Petra Heinz

Foraminifere. C. Rosa Grafl

Foraminiferen - einzellige Organismen, die meist im Meer zu finden sind - reagieren sehr schnell auf Umweltveränderungen und sind daher gute Bioindikatoren. Foto: Rosa Grafl.

Das Forschungsteam testete ein Herbizid (Roundup©), ein Insektizid (Confidor©) und ein Fungizid (Pronto©Plus) in verschiedenen Konzentrationen und untersuchte deren Einfluss auf die Stoffwechsekaktivität der Foraminiferen. Die Ergebnisse waren teilweise alarmierend: „Schon die geringsten Konzentrationen von Herbiziden oder Fungiziden - wir sprechen dabei von Konzentrationen von 0,0001%, die durchaus in heutigen Korallenriffen anzufinden sind - führten zu irreparablen Schäden an den Foraminiferen“, sagt Petra Heinz vom Institut für Paläontologie.